| LEA 
     Nanette
  DuChevallier   
 Es war einer dieser wunderschönen, warmen Herbsttage in Paris, als 
        Duncan und Methos durch den Park liefen. Das Laub hing bunt an den Bäumen. 
        Mütter gingen mit ihren Kindern spazieren. Ältere Leute genossen 
        auf den Parkbänken die letzten warmen Sonnenstrahlen. In ihre Unterhaltung 
        vertieft bogen Duncan und Methos in einen ruhigeren Teil des Parks ab. 
        Hier war kaum ein Mensch unterwegs. Plötzlich blieben beide stehen. 
        Ihre Köpfe drehten sich in alle Richtungen, aber kein Mensch war 
        zu sehen. Und trotzdem, das all zu bekannte Gefühl verriet ihnen, 
        daß sich ein weiterer Unsterblicher in der Nähe aufhielt. Als 
        Duncan noch einmal mit den Augen die Umgebung absuchte trat plötzlich 
        eine Frau hinter einer der hohen Hecken hervor. Und während Duncan 
        klar wurde, daß er sie noch sie in seinem Leben gesehen hatte, wurde 
        Methos mehr als blaß.
 Mit einer schnellen Bewegung packte er Duncan an der Schulter und flüsterte 
        heiser:
 "Oh nein, nicht sie auch noch!"
 Duncan verstand nur Bahnhof und blickte Methos verständnislos an.
 "Wer ist sie?"
 Methos ließ die Frau nicht aus den Augen. Sie machte keine Anstalten 
        ein Schwert zu ziehen oder näher zu kommen. Es schien fast so, als 
        wäre sie genauso fassungslos wie er.
 "Erst Cassandra und jetzt sie! Duncan, ich muß gehen. Ich melde 
        mich bei Dir!"
 Während er dies sagte hatte er sich schon auf dem Absatz umgedreht 
        und seinen Rückzug angetreten. Zurück ließ er einen vollkommen 
        verwirrten Duncan und eine zur Salzsäule erstarrte Fremde, die nun 
        ihrerseits Duncan mißtrauisch musterte.
 Der Highlander ging näher an die Frau heran. Sie machte weiterhin 
        keine Anstalten wegzurennen, aber er spürte förmlich ihre Anspannung. 
        Die beiden musterten sich lange. Sehr lange. Es war Duncan, der die Fremde 
        ansprach.
 "Ich bin Duncan McLeod und ein Freund von Methos. Dürfte ich 
        erfahren, wer Sie sind und vor allem, warum mein Freund panisch geflüchtet 
        ist?"
 Die Frau starrte jetzt gedankenverloren an Duncan vorbei auf die Stelle 
        von der aus Methos geflohen war. Plötzlich begann sie zu grinsen. 
        Erst zuckte nur der rechte Mundwinkel, dann zogen sich beide Mundwinkel 
        in die Höhe. Und danach brach ein wahrer Lachorkan aus der Frau hervor. 
        Duncan sah sie verständnislos an.
 Nach einiger Zeit beruhigte sie sich wieder und streckte ihm ihre Hand 
        entgegen.
 "Ich freue mich Sie kennenzulernen, Duncan McLeod. Bitte verzeihen 
        Sie mir meine Erheiterung, aber diesen Mann vor einer Frau fliehen zu 
        sehen.........das hätte ich niemals gedacht. Damals wäre allein 
        dieser Gedanke absurd gewesen. Übrigens, ich bin Lea."
 "Freut mich Sie kennenzulernen, Lea. Verraten Sie mir, warum der 
        Gedanke absurd gewesen wäre. Nicht, daß ich neugierig wäre, 
        aber es ist immer wieder interessant Bekannte aus Methos Vergangenheit 
        zu treffen. Er spricht nämlich kaum darüber."
 "Das kann ich verstehen. Aber wissen Sie was, Duncan? Nicht hier 
        und nicht jetzt. Ich muß erst einmal verarbeiten, daß er überhaupt 
        noch lebt. Geben Sie mir ein bißchen Zeit. Wie wäre es, wenn 
        Sie mich heute abend zum Essen einladen? Sagen wir um 20.00 Uhr. Ich wohne 
        im Ritz. Seien Sie pünktlich, ich hasse Verspätung."
 Und ohne Duncan auch nur die Möglichkeit einer Entgegnung zu geben 
        war sie verschwunden. Fassungslos sah Duncan nun Lea hinterher. Die war 
        auch nicht besser als Methos. Sie machte sich genauso aus dem Staub. Plötzlich 
        mußte Duncan lachen. Die ganze Situation hatte etwas so Unwirkliches 
        an sich, daß es schon lustig war.
 "Nun gut," dachte er, "dann werde ich eben heute abend 
        mit der Dame speisen."
 Die Gelegenheiten etwas über Methos Vergangenheit zu erfahren waren 
        dünn gesät, da der alte Mann sehr selten über sein vergangenes 
        Leben sprach. Und auch wenn sie sich immer noch Freunde nannten, Duncan 
        hatte Methos‘ Vergangenheit als einer der vier Apokalyptischen Reiter 
        nicht vergessen. Die Begegnung mit Cassandra, Kronos, Caspian und Silas 
        war ihm noch sehr gut im Gedächtnis. Er wollte jetzt aber wissen, 
        warum Methos gesagt hatte: "Erst Cassandra und jetzt sie". Warum 
        hatte Methos Angst vor ihr? Ratlos machte Duncan sich auf den Weg. Unterwegs 
        versuchte er Methos zu erreichen, aber der ging weder an sein Handy noch 
        an sein Telefon in der Wohnung. Die ganze Sache wurde immer rätselhafter.
 
 
 Pünktlich um 20.00 Uhr betrat Duncan die pompöse Eingangshalle 
      des Ritz. Erst auf dem Weg zum Hotel war ihm eingefallen, daß er lediglich 
      den Vornamen der Frau wußte. Lea. Eigentlich ein schöner Name 
      und.....ein sehr alter Name. Duncan selbst hatte sich in Schale geworfen. 
      Schwarzer Anzug, weißes Hemd.
 Irgendwie fühlte er sich nicht ganz wohl. Gerade als der Mann auf die 
      Rezeption zusteuerte verließ Lea den Aufzug und kam lächelnd 
      auf ihn zu. Duncan konnte kaum einen Blick von ihr abwenden. Sie war schön. 
      Wirklich schön. Sie hatte ein langes knall rotes enges Kleid an, daß 
      einen wunderbaren Kontrast zu ihrer sonnengebräunten Haut und den langen 
      dunklen Haaren bildete. Weiter kam er in seiner Betrachtung nicht, denn 
      sie hatte ihn erreicht.
 "Duncan, ich muß sagen, Sie sind ein Mann nach meinem Geschmack. 
      Pünktlich auf die Sekunde. Kommen Sie, wir setzen uns hier ins Restaurant. 
      Oder haben Sie eventuell etwas anderes geplant?"
 Duncan schüttelte lediglich mit dem Kopf. Sie wartete.
 "Oh, Entschuldigung!" murmelte er und ging ihr voraus. An der 
      gläsernen Schwingtür zum Restaurant öffnete er einen Flügel 
      und ließ ihr wieder den Vortritt. Der elegant gekleidete Kellner führte 
      die beiden zu einem Tisch, der etwas abseits stand und entfernte ein Schild. 
      Duncan bekam aber noch mit, was darauf stand: "RESERVIERT". Er 
      war voller Erstaunen. Sie hatte also fest damit gerechnet, daß er 
      kam. Diese Frau war erstaunlich selbstsicher.
 Nachdem die beiden den Vorgang der Bestellung hinter sich gebracht hatten, 
      sah Duncan Lea in die dunkelbraunen Augen. Irgendetwas an der Frau kam ihm 
      bekannt vor. Sie erinnerte ihn an eine Freundin. Das konnte doch nicht sein. 
      Oder doch?
 "Nun, Lea! Ich bin hier. Beantworten Sie mir jetzt die Frage, warum 
      Methos so schnell losgerannt ist, als er Ihrer gewahr wurde und noch etwas. 
      Wissen Sie, warum er entsetzt meinte: Erst Cassandra und jetzt sie?"
 Als Duncan den Namen Cassandra erwähnte wurde die Frau blaß und 
      sah ihn fassungslos an.
 "Sind Sie sicher, daß er Cassandra sagte? Sind sie wirklich sicher?"
 "Aber natürlich."
 "Lea, geht es Ihnen nicht gut? Sie sind so blaß. Was ist mit 
      Cassandra? Kennen Sie sie?"
 "Beschreiben Sie mir Cassandra, wie sieht sie aus?"
 "Nun, sie hat lange dunkelbraune Haare, ungefähr wie Sie. Wenn 
      ich so richtig drüber nachdenke hat sie eine Menge Ähnlichkeit 
      mit Ihnen. Die gleichen Augen, der selbe Mund. Ich.....was hat das zu bedeuten? 
      Wer zum Teufel sind Sie?"
 Lea hatte sich erstaunlich schnell wieder gefaßt und erwiderte trocken:
 "Cassandra ist meine Schwester, Duncan! Mein leibliche Schwester! Ich 
      kann es nicht fassen, sie lebt noch!"
 Duncan stieß die Luft aus. Er glaubte nicht was er hörte. Wirkliche 
      Schwestern und beide unsterblich. Das war unglaublich. Aber Duncan glaubte 
      der Frau. Die Ähnlichkeit der beiden war verblüffend.
 Er wurde aus seinen Gedanken gerissen als Lea ihn fragte:
 "Wissen Sie, wo sie ist? Ich meine, ist sie hier in Frankreich? Kann 
      ich sie sehen?"
 "Sie ist noch hier, will aber heute nacht nach Amerika abreisen. Kommen 
      Sie, wenn wir uns beeilen, dann treffen wir sie vielleicht noch."
 Beide sprangen von ihren Stühlen auf. Lea winkte dem Kellner und deutete 
      ihm an, die Bestellung zu streichen. Duncan richtete sich auf eine längere 
      Diskussion ein, aber nichts geschah. Der Kellner nickte nur und die beiden 
      verließen eilig das Hotel. Draußen sprangen sie förmlich 
      in Duncans Wagen und fuhren los.
 Gerade als Lea und Duncan vor Cassandra‘s Haustür standen stellte 
      sich das vertraute Gefühl ein. Beide ging um das Haus herum in den 
      Garten. Schwerter klirrten, von wüsten Beschimpfungen begleitet. Im 
      Garten angekommen blieben die Ankömmlinge wie vom Blitz getroffen stehen. 
      Duncan glaubte nicht was er da sah.
 Cassandra und Methos kämpften miteinander und, obwohl Duncan es nicht 
      wahrhaben wollte, Methos unterlag. Dieser strauchelte nämlich und verlor 
      sein Schwert. Lea konnte beobachten, wie er schluckte. Dann sank er wortlos 
      und niedergeschlagen auf die Knie. Das Bild, daß sich den beiden Zuschauern 
      bot war beunruhigend. Methos lag auf seinen Knien. Er ließ den Kopf 
      hängen. Ohne eine Reaktion und mit geschlossenen Augen wartete er auf 
      den endgültigen Schlag. Duncan holte entsetzt Luft. Cassandra holte 
      aus. Die Klinge sauste mit Wucht auf Methos Hals zu. Plötzlich klirrte 
      ein Schwert an Cassandras.
 "Cassandra, laß das! Tue das nicht!" Leas Augen waren weit 
      aufgerissen. Aber sie blickten nicht flehend sondern kalt. Sie hatte ihr 
      Schwert gegen das ihrer Schwester erhoben. Und der Schlag, der eigentlich 
      Methos Hals gegolten hatte wurde von Leas Schwert absorbiert. Cassandra 
      fiel rückwärts, da sie mit der Wucht des zurückkommenden 
      Schwertes nicht gerechnet hatte. Es fiel ihr aus der Hand. Cassandra blickte 
      zornig auf. Als sie Lea ansah erstarrte sie. Und während Lea Cassandra 
      mit ihrem Schwert in Schach hielt, hielt sie Methos ihre Hand entgegen. 
      Er ergriff sie erstaunt und rappelte sich hoch. Hob sein Schwert auf und 
      ging schnell hinüber zu dem ebenso erstaunten Duncan.
 "LEA?" flüsterte Cassandra fassungslos. "Bist Du es 
      wirklich? Nein, Du bist nicht meine Schwester. Lea ist tot. Der da...." 
      und damit zeigte sie anklagend auf Methos, "er hat sie getötet. 
      Er oder einer seiner damaligen Freunde."
 "Du hast als Kind schon immer Mist geredet, Cassandra. Wie ich sehe 
      hat sich das innerhalb der letzten 2000 Jahre nicht geändert."
 Cassandra wußte nicht, was sie von der Frau vor sich halten sollte. 
      Sie sah aus wie Lea, sie sprach wie Lea aber Cassandra wollte nicht glauben, 
      daß es wirklich Lea war. Auch war Cassandra wütend. Warum hatte 
      diese Frau Methos vor dem Tod bewahrt. Lea hätte das niemals getan.
 "Ich weiß zwar nicht, wer Du bist, aber Du hast einen riesengroßen 
      Fehler gemacht. Methos gehört mir, klar. Und, wenn Du wirklich meine 
      Schwester Lea wärst, dann hättest Du ihn mit dem ersten Schlag 
      getötet und nicht beschützt. Nein, Du bist nicht meine Schwester." 
      spie sie Lea entgegen. Mit einem Satz war sie auf den Beinen, nahm ihr Schwert 
      und verschwand in der Dunkelheit. Die andere Frau sah ihr traurig hinterher. 
      Dann drehte sie sich um und ging mit dem Schwert in der Hand auf Duncan 
      und Methos zu. Dieser ging gleich hinter Duncan in Deckung.
 Lea grinste.
 "Grüß Dich, Methos. Es ist sehr lange her. Sag mal, hat 
      man Dir eine Gehirnwäsche verpaßt oder warum hast Du plötzlich 
      Angst vor mir?"
 "VERDAMMT, KANN MICH MAL EINER AUFKLÄREN, WAS HIER EIGENTLICH 
      LOS IST?" brüllte Duncan plötzlich los. Er war es leid, der 
      unwissende Trottel unter den dreien zu sein. Methos und Lea zuckten zusammen. 
      Die Frau drehte sich ernst um und sah Duncan an.
 "Das ist eine sehr lange und alte Geschichte. Kennst Du irgendetwas, 
      wo wir "drei" uns in Ruhe unterhalten können? Ich denke nicht, 
      daß wir das in Cassandras Garten diskutieren sollten." Ohne Einladung 
      duzte sie Duncan plötzlich.
 "Also ich bin müde und will nach Hause." entgegnete Methos 
      und drehte sich zum Gehen um. Plötzlich spürte er ein Schwert 
      an seinem Hals. Die Augen der Frau sprühten Funken.
 "DU, GEHST NIRGENDWO HIN, DU FEIGLING! Du wirst uns begleiten. Ich 
      bin noch nicht fertig mit Dir."
 "O.k., ich bin nicht müde. Wir könnten zu Joe gehen?"
 Duncan stimmte mit einem Schulterzucken zu und die drei stiegen in seinen 
      Wagen. Als sich dieser kurz darauf mit hoher Geschwindigkeit entfernt hatte, 
      löste sich eine Gestalt aus dem Schatten eines Baumes. Es war Cassandra. 
      Ihre Augen blitzten vor Wut und Haß. Natürlich hatte sie ihre 
      Schwester erkannt. Schweigend ging sie in ihr Haus zurück. Sie mußte 
      nachdenken. Amerika war vergessen.
 Duncan, Lea und Methos kamen kurze Zeit später bei Joe an. Dieser sah 
      die drei fragend an. Duncan winkte unmerklich ab und deutete ihm an, sich 
      im Hintergrund zu halten und sich schon gar nicht als Watcher zu erkennen 
      zu geben. Joe verstand zwar nicht, aber er nickte unmerklich. Die drei setzten 
      sich in die gemütlichen Sessel. Für eine kurze Zeit entstand Schweigen. 
      Jeder beobachtete jeden. Methos brach die Ruhe. Ohne die Frau anzusehen 
      sagte er:
 "Danke Lea!"
 "Nichts zu danken, Methos!"
 "Warum hast Du das getan?"
 "Was?"
 "Warum hast Du Cassandra davon abgehalten mich zu töten?"
 "Moment!" mischte Duncan sich ein. "Hätte einer von 
      Euch die Liebenswürdigkeit, mich mal aufzuklären? Ich verstehe 
      das alles nicht. Methos, was hattest Du bei Cassandra zu suchen. Du weißt 
      doch, wie sie zu Dir steht und das sie Deinen Kopf will. Warum um Gottes 
      Willen bist Du zu ihr gegangen?"
 "Ich wollte mit ihr reden, das ist alles."
 "Bist Du irre? Wie kannst Du freiwillig zu Cassandra gehen. Du weißt 
      genau, daß sie nicht mit Dir reden will. Du hast nicht gerade eine 
      gute Figur gemacht, Methos."
 Dann wandte er sich Lea zu.
 "So, und nun zu Ihnen. Wer sind Sie? Woher kennen Sie Methos genau? 
      Und vor allem würde mich auch interessieren, warum Sie Methos vor dem 
      Tod bewahrt haben?"
 "Das sind eine Menge Fragen auf einmal, Duncan. Alles der Reihe nach."
 Ihre braunen Augen sahen Methos an. Der blickte zurück. Es knisterte 
      zwischen den beiden. Enorm sogar. Dann war dieser Moment vorbei und Lea 
      begann Duncans Fragen zu beantworten:
 "Also, ich bin Lea. Cassandras ältere Schwester. Ich gehe davon 
      aus, daß Cassandra Dir von den Apokalyptischen Reitern in der Bronzezeit 
      erzählt hat? Klar muß sie ja!"
 Fragend sah sie Duncan an. Der nickte schweigend, dann drehte er den Kopf 
      zu Methos und sah ihn kalt an. Lea entging dieser Blick nicht und sie dachte 
      sich ihren Teil. Zunächst fuhr sie ihn ihrer Erzählung fort, aber 
      Duncans Ausdruck Methos gegenüber gefiel ihr ganz und gar nicht.
 "Cassandra scheint Ihnen aber nicht erzählt zu haben, daß 
      sie noch eine Schwester hat, die auch unsterblich ist. Das ist typisch für 
      sie. Nun, ich bin etwas über ein Jahr älter als Cassandra. Als 
      Kronos und seine Leute unser Dorf überfielen wurden wir alle getötet. 
      Das dürfte Ihnen bekannt sein. Zu dem Zeitpunkt als ich wieder erwachte 
      waren nur noch zwei Horsemen anwesend. Kronos und Methos. Methos packte 
      Cassandra gerade in eine Decke. Ich war total verwirrt. Warum lebte ich 
      noch? Ich kam nicht weit im Denken. Plötzlich verdunkelte eine Gestalt 
      die Sonne. Kronos. Er sah mich erstaunt an!
   
   
 BRONZEZEIT
 Mit einem harten Ruck wurde Lea in die Höhe gerissen.
 "Na, was haben wir denn hier? Eine Überlebende, schau an." 
        meinte eine sarkastische Stimme. Brutal wurde sie wieder zu Boden geworfen. 
        Der Mann erhob sein Schwert. Lea war unfähig auch nur ein Wort hervorzubringen. 
        Vor Furcht erstarrt blickte sie auf den in der Sonne glänzenden Stahl, 
        der so tödlich über ihr schwebte. Gerade als die Klinge mit 
        Wucht abwärts schwang wurde sie urplötzlich weggerissen. Der 
        furchteinflößende Mann vor Lea sah jemanden hinter sich sehr 
        sauer an.
 "Was soll das?"
 "Laß sie leben. Denke daran, sie kann Dir lebend mehr nützen 
        als tot. Sie kann Dir dienen. Schau, sie ist sehr schön. Wie die 
        andere, die überlebt hat.
 Ein zweiter Mann kniete sich neben Lea und riß ihr Kleid hoch, so 
        daß die Beine bis fast zum Ende der Oberschenkel zu sehen waren. 
        Seine Hand fuhr an ihrem Schenkel nach oben. Lea erfror innerlich. Plötzlich 
        hörte sie ein Lachen.
 "Du hast recht, Methos. Sie ist schön. Sie soll mir zu Gefallen 
        sein."
 Mit diesen Worten wurde Lea wieder vom Boden hoch gerissen und über 
        eine Schulter gelegt. Sie hatte zu viel Angst, um sich auch nur zu rühren. 
        Nach einem längeren, sehr unangenehmen Ritt, den sie quer vor dem 
        Mann liegend verbringend mußte, wurde sie vom Pferd herunter gehoben. 
        Ein fester Griff umpackte ihr Handgelenk und das Gesicht des Mannes kam 
        dem ihrem sehr nahe.
 "Hör zu. Du wirst so lange leben, wie ich Dich leben lasse. 
        Wenn ich mit Deinen Diensten nicht zufrieden bin, dann schlage ich Dir 
        den Kopf ab. Du wirst tun was ich Dir sage, ohne Widerspruch. Komm jetzt."
 Mit diesen Worten zog er Lea Richtung Zelt. Aus den Augenwinkeln heraus 
        sah sie, daß es ihrer Schwester scheinbar nicht besser ging. Der 
        Mann, der Leas Leben gerettet hatte, Methos, schien ihrer Schwester Cassandra 
        gerade genau die selbe Lektion zu erteilen.
 Unerbittlich zog der Mann, dessen Namen sie nicht einmal wußte, 
        Lea hinter sich her. Plötzlich durchschnitt ein lautstarker Streit 
        das Camp. Leas Peiniger sah genervt auf und schlug sie nieder. Sofort 
        wurde sie von einer wohltuenden Dunkelheit umgeben.
 Als Lea die Augen wieder aufschlug lag sie auf einem Lager. Sie hatte 
        keine Kleidung mehr an. Angstvoll zog sie die Beine an ihren Körper 
        und umschlang sich mit den Armen. Sie fror und ihr tat alles weh. Sie 
        konnte sehen, daß es mittlerweile dunkel geworden war. Tränen 
        liefen ihr über die Wangen und sie kuschelte sich tiefer in die Felle. 
        Eine leichte Bewegung am Zelteingang erregte ihre Aufmerksamkeit und sie 
        sah auf. Der Mann war wieder da und allein seine bloße Anwesenheit 
        ließ Lea das Blut in den Adern gefrieren. Grinsend sah er die verängstigte 
        junge Frau an.
 "Übrigens, ich bin Kronos. Steh auf!"
 Lea erhob sich langsam von dem Lager und kam mit steifen Beinen auf Kronos 
        zu. Der packte sie hart am Arm und riß sie an sich. Lea begann zu 
        schreien und wehrte sich. Aber es nutzte nichts. Kronos lachte nur, stieß 
        sie dann brutal auf das Lager zurück und fiel über sie her. 
        Leas Schreie verstummten nach einiger Zeit. Sie hatte das Bewußtsein 
        verloren. Es dauerte aber nicht lange und sie erlangte es wieder. Kronos 
        saß neben ihr und grinste dämonisch. Mit einer schnellen Bewegung 
        rückte Lea von ihm ab. Sie weinte jetzt bitterlich, aber das schien 
        den Mann noch mehr zu erheitern. Das oder etwas anderes. Hätte Lea 
        im Vorfeld gewußt, was noch auf sie zukommen sollte, dann hätte 
        sie Kronos vielleicht angefleht sie zu köpfen. Kronos stand auf und 
        winkte jemanden im Zelteingang zu. Lea schrie lauthals auf, als sie den 
        zweiten Mann sah und versuchte in die hinterste Ecke des Zeltes zu fliehen. 
        Das rief eine enorme Erheiterung bei Kronos und dem anderen Mann hervor. 
        Sie lachten lauthals. Dann meinte Kronos nur:
 "Sie gehört Dir, Caspian!"
 
 Lea sah Methos an. Dieser war kalkweiß im Gesicht. Duncans Blick 
        war zutiefst betroffen. Wieder spürte er die Wut Methos gegenüber.
 "Ich habe Dich zu diesem Zeitpunkt gehaßt. Hättest Du 
        Dich bloß nicht eingemischt, als Kronos mich in unserem Dorf hatte 
        köpfen wollen."
 Methos schwieg betroffen. Er wußte nicht was er sagen sollte. Er 
        hatte nur ihr Leben retten wollen und ihr dadurch die Hölle auf Erden 
        beschert. Heute, da sah er seine damaligen Taten anders, natürlich, 
        und bereute alles. Aber damals.........!
 "Ich habe Dich abgrundtief gehaßt, Methos. Und hätte ich 
        gewußt, warum ich nicht sterben kann und hätte ich außerdem 
        gewußt, wie man dem ein Ende hätte bereiten können, glaube 
        mir, Methos, ich hätte es irgendwie fertiggebracht mich selbst zu 
        köpfen, nur damit es aufhört. Willst Du wissen, wie es war, 
        die Dienerin von Kronos zu sein? Ich sage es Dir. Mehrere Duzend Male 
        hat er mich zu Tode geprügelt, er hat mich zu Tode vergewaltigt. 
        Er hat mich an Caspian und Silas weitergereicht. Caspian, Methos, war 
        wie ein wildes Tier. Er nahm noch weniger Rücksicht als Kronos. Er 
        wollte auch nichts von mir zurück. Er wollte nur seine Triebe stillen. 
        Er fiel brutal und erbarmungslos über mich her und auch er tötete 
        mich mehrere Male. Ihr wußtet, ich würde wieder aufwachen. 
        Hast Du Dich in den vergangenen 2000 Jahren vielleicht einmal gefragt, 
        wie es ist, wenn man in nur einer Nacht bis zu fünf Mal stirbt und 
        wieder erwachen muß? Es nahm kein Ende."
 Tränen der Wut liefen ihr bei den grauenvollen Erinnerungen die Wangen 
        herunter. Methos sackte in sich zusammen. Immer noch war er kalkweiß. 
        Noch niemals hatte ihm jemand seine Gefühle so direkt und grausam 
        offenbart. Er ertrug diese detaillierten Schilderungen nicht mehr. Lea 
        wollte gerade wieder wütend auf ihn losgehen, als sie bemerkte, daß 
        Methos weinte. Erstaunt sah sie den ehemaligen Peiniger an und stand auf. 
        Methos wartete darauf, daß sie ihr Schwert ziehen und ihm den Kopf 
        abschlagen würde. Stattdessen spürte er sanft ihre Hand auf 
        seiner Schulter. Erstaunt sah er sie an. Auch Duncan blickte sie erstaunt 
        an. Er verstand nicht. Lea sah Duncans Blick und lächelte leicht. 
        Das irritierte Duncan noch mehr. Er war voller Haß Methos gegenüber.
 "Duncan," wandte sich Lea an ihn, "ich verstehe Deinen 
        haßerfüllten Blick nicht. Warum bist Du Methos gegenüber 
        so haßerfüllt?"
 "Ich kann nicht akzeptieren, daß er damals Zehntausende, unschuldige 
        Männer, Frauen und sogar Kinder, einfach aus Spaß umbrachte. 
        Das ist mehr als barbarisch und kann einfach nicht verziehen werden. Ich 
        kann Deinen und Cassandras Haß sehr gut verstehen."
 "Nichts verstehst Du, Duncan. Wie kannst Du Dir anmaßen über 
        Methos zu richten? Warst Du damals dabei? Nein. Die Welt war anders, die 
        Sitten waren anders. Die Einstellung war anders. Zur damaligen Zeit gab 
        es nur ein Gesetz:
 Der Stärkere überlebte. Wieviel Unschuldige hast Du in Kriegen 
        bis heute getötet? Damals war allein schon der Kampf ums Überleben 
        ein Krieg. Ein Krieg mit der Natur. Duncan, maße Dir niemals wieder 
        an über Methos‘ Vergangenheit zu urteilen, denn nur wer die 
        damalige Zeit miterlebt hat, ist dazu berechtigt zu richten oder zu verzeihen. 
        Und....ich habe Methos verziehen."
 Methos glaubte nicht was er da hörte. Er hatte Lea durch sein damaliges 
        Eingreifen das Grauen offenbart und jetzt stand sie hier, las Duncan die 
        Leviten und hatte ihm allen Ernstes verziehen. Warum? Verständnislos 
        blickte er die dunkelhaarige Schönheit an. Diese lächelte.
 "Du verstehst nicht, warum ich Dir verziehen habe, stimmt‘s?"
 Methos nickte und seine Augen waren ein einziges Fragezeichen.
 "Nun, erinnerst Du Dich an den Tag, als Cassandra die Flucht gelang?"
 Methos nickte nur und sah sein Gegenüber gespannt an. Was würde 
        jetzt kommen?
    
 BRONZEZEIT
 Kronos zerrte Cassandra zu seinem Zelt. Lea konnte hören, wie sie 
        nach Methos schrie. Kronos zog die Widerspenstige hinein. Mit einer Geste 
        deutete er Lea an zu verschwinden.
 Lea machte, daß sie wegkam. Aber voller Angst um ihre Schwester. 
        Tagelang hatte sie sie nicht gesehen. Kronos hatte ihr verboten das Zelt 
        ohne ihn zu verlassen. Daran hatte sie sich gehalten. Aus Angst vor ihm. 
        Verloren stand sie in der Mitte des Camps und sah sich um. Die Sonne ging 
        bereits unter. Ihr Blick fiel auf den Eingang von Methos Zelt. Sie konnte 
        ihn dunkel ausmachen. Er schien wie erstarrt. Langsam ging sie auf sein 
        Zelt zu. Sie hatte nichts zu verlieren. Vorsichtig rief sie ihn an. Er 
        deutete ihr an einzutreten und sich zu setzen. Ängstlich abwartend 
        setzte sie sich auf sein Lager. Aber Methos rührte sich nicht. Er 
        hielt einen Apfel in der Hand, den er malträtierte. Der Mann war 
        angespannt, ohne Zweifel. Mit angehaltenem Atem wartete Lea auf eine Reaktion 
        Methos‘. Nichts. Er schien mit seinen Gedanken weit weg zusein. 
        Lea verstand. Er hatte sich in Cassandra verliebt. Der Mann tat ihr fast 
        leid. Er schien doch menschliche Züge an sich zu haben. Die Dunkelheit 
        hatte sich herabgesenkt.
 Plötzlich zerriß ein gequälter Schrei die Stille des Abends. 
        Methos, der ruhig neben Lea gesessen hatte sprang auf und rannte zum Zelteingang. 
        Lea folgte ihm. Gemeinsam sahen sie Cassandra aus Kronos Zelt fliehen 
        und keiner von beiden machte Anstalten sie aufzuhalten. Methos lächelte 
        sogar leicht. Was man von Lea nicht sagen konnte. Ungeheure Angst machte 
        sie in ihr breit. Für Cassandras Vergehen und ihre Flucht würde 
        sie büßen müssen. Und wenn Kronos wütend war, dann.....Lea 
        begann zu zittern. Methos hatte ganz ähnliche Gedanken. Wie würde 
        Kronos reagieren, wenn er nachträglich mitbekam, daß Methos 
        Cassandra hatte fliehen sehen, sie aber nicht aufgehalten oder getötet 
        hatte? Kronos Todesschrei war unter normalen Umständen nicht zu überhören 
        gewesen. Normale Umstände????? Ein Gedanke blitzte durch Methos Gehirn. 
        Mit zwei, drei schnellen Bewegungen hatte er Lea die Kleidung heruntergerissen 
        und sie auf sein Lager geworfen.
 "NEIN! Bitte nicht!" keuchte Lea entsetzt. Aber Methos deutete 
        ihr an still zu sein. Er warf sich auf sie und sie konnte seinen Mund 
        an ihrem Ohr spüren.
 "Sei still und spiele mit. Wenn wir beide nicht viel Ärger kriegen 
        wollen, dann sei still. Wenn Kronos sieht, daß ich Dir gerade Gewalt 
        antue, dann geht er davon aus, daß ich in meinem Trieb nichts bemerkt 
        habe. Ist Dir nicht aufgefallen, daß Caspian und Silas nicht aus 
        ihren Zelten gekommen sind. Sie sind gerade beschäftigt. Also, tue, 
        was ich Dir sage. Wehre Dich gegen mich. Aber nicht zu laut."
 Lea sah ihn an. Der Mann war gut. Sie nickte und begann sich gegen Methos 
        aufzulehnen. Er war nicht gerade zimperlich in seinem Schauspiel, aber 
        sein Plan hatte den gewünschten Erfolg. Als Kronos im Eingang erschien, 
        kümmerten sich Methos und Lea nicht um ihn. Lea wehrte sich weiterhin 
        gegen Methos und Methos, nun er spiele seine Rolle sehr überzeugend. 
        Um nicht zu sagen, sehr real. Er vergewaltigte sie wirklich. Kronos verschwand 
        ohne ein Wort. Kurz danach hörte man Hufschläge. Kronos hatte 
        das Camp verlassen.
 Methos ließ von Lea ab und sah sie an. Die Frau blickte ernst zurück.
 Plötzlich erhob sie die Hand und strich ihm eine Haarsträhne 
        aus dem Gesicht. Irgendetwas war mit ihr passiert. Methos hatte sie vor 
        weiteren brutalen Mißhandlungen gerettet. Sich selbst allerdings 
        auch. Irgendwie schien er anders als die anderen zu sein. Etwas menschlicher. 
        Methos gab Lea ein Kleid und schickte sie zurück in Kronos Zelt. 
        Mit hängendem Kopf ging die geschundene Frau zurück und harrte 
        der Dinge, die noch kommen sollten. Aber es kam anders, als sie dachte.
 Als Kronos wieder im Camp war, hatte er eine blutjunge, wunderschöne 
        Frau dabei. Sie weinte und schrie und....sie tat Lea unendlich leid. Das 
        Mädchen war garantiert nicht "unsterblich" und würde 
        die brutalen Behandlungen nicht lange überleben. Lea mußte 
        mit ansehen, wie Kronos dem Mädchen Gewalt antat. Das tat ihr fast 
        noch mehr weh, als wenn sie selbst an der Stelle gewesen wäre. Als 
        Kronos fertig war wurde er Lea gewahr. Er packte hart eines ihrer Handgelenke 
        und zerrte sie zu Methos Zelt. Dort angekommen schubste er sie dem erstaunten 
        Mann vor die Füße.
 "Du kannst sie haben. Mach mit ihr, was Du willst. Ich bin ihrer 
        müde. Ich brauche frische Kost. Wenn Du sie nicht willst, dann gib 
        sie Silas oder Caspian."
 Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand wieder in sein Zelt. 
        Lange schollen die Schreie von Leas Nachfolgerin durch die Nacht.
 Methos half Lea auf die Beine. Sie sah ihn nicht an. Er deutete auf sein 
        Lager und sie wußte, was jetzt kommen würde. Aber, sie hatte 
        sich geirrt. Methos befahl Lea zu schlafen. Ohne ihn.
 "Danke, Methos!" flüsterte die Frau dünn und schlief 
        einen langen traumlosen Schlaf.
 
 
 
 Duncan blickte Methos erstaunt an. 
        Das konnte doch nicht wahr sein. Er hatte mit eigener Gewaltanwendung 
        eine noch schlimmere Gewalttat verhindert."Und was geschah dann?" fragte er neugierig.
 "Ich blieb Methos Dienerin. Wochenlang, Monatelang hoffte ich, meine 
        Schwester würde kommen und mir auch zur Flucht verhelfen. Sie kam 
        nicht. Ich konnte das nicht verstehen. Wir waren doch Schwestern. Aber 
        dafür kapierte ich etwas anderes."
 "Was?" fragte Duncan.
 "Ich verstand, daß Methos wirklich etwas menschlicher war als 
        die anderen drei. Nur, hätte er sich gegen Kronos aufgelehnt, dann 
        hätte er nicht nur Kronos sondern auch noch Caspian und Silas gegen 
        sich gehabt und nicht überlebt."
 "Dann verstehe ich nicht, warum er nicht wegging von ihnen?"
 "Duncan, Du verstehst so einiges nicht und es ist vielleicht auch 
        besser, wenn es dabei bleibt. Aber zum damaligen Zeitpunkt hatte mir einer 
        der todbringenden Horsemen schon zwei Mal das Leben gerettet und er rettete 
        es ein drittes Mal. Das Duncan, habe ich ihm bis heute nicht vergessen."
 Methos sah ihr in die Augen. Es war ihr Ernst. Endlich mal jemand aus 
        seiner langen Vergangenheit, der nicht versuchte ihn sofort zu töten. 
        Endlich einmal jemand, der erst mit ihm sprach. Interessiert sah er Lea 
        an.
 "Aber ich verstehe immer noch nicht, warum Du mir bei Cassandra geholfen 
        hast?"
 "Es mag für Dich vielleicht komisch klingen, aber ich hatte 
        das Gefühl, ich schulde Dir noch etwas."
 "Du schuldest mir gar nichts. Wenn wir hier von Schuld sprechen, 
        dann würde ich Dir was schulden. Es gibt nichts, was meine Schuld 
        von damals wieder gutmachen könnte."
 Wieder mischte Duncan sich ein.
 "Wieso ein drittes Mal?"
 Nun sprach Methos.
 "Als die Zeit gekommen war unser Camp abzubrechen schickte ich Lea 
        eiligst weg!"
 "Warum?"
 "Es war ein Gesetz bei uns, wann immer wir unsere Zelte abbrachen, 
        alle umzubringen, die uns gedient hatten. Und Lea gehörte dazu. Ich 
        wollte sie nicht sterben sehen. Sie hatte mir gut gedient, in allen Lebenslagen. 
        Und ich wußte, Kronos würde von mir verlangen sie zu köpfen. 
        Das konnte ich nicht. Irgendwie bedeutete sie mir etwas. Dieses Schicksal 
        hatte sie nicht verdient. Als wartete ich die Nacht ab und schickte sie 
        fort. Als ich Lea weit genug weg wähnte ging ich ins Zelt der Sklavinnen 
        und suchte mir eine heraus, die ihr von der Figur her ziemlich gleichkam. 
        Ich befahl ihr Leas Kleidung anzuziehen. Dann wartete ich, bis die anderen 
        drei ein letztes Mal mit irgendwelchen Frauen beschäftigt waren. 
        Ich nutzte die Gelegenheit und schlug der Frau den Kopf ab, den ich außerhalb 
        des Lagers tief im Sand vergrub. Danach legte ich mich auf mein Lager 
        und wartete neben der geköpften Leiche bis der Morgen graute. Ich 
        beobachtete, wie Kronos auf mein Zelt zukam. Er fand mich mit meine Schwert 
        in der Hand neben der Toten. Und, mein Plan ging auf. Kronos dachte, ich 
        hätte Lea getötet. Das war es. Duncan, nicht nur Cassandra auch 
        Lea muß sehr oft gestorben sein, bis sie irgendeine Zivilisation 
        erreichte."
 Leas Hand lag immer noch auf Methos Schulter und er nahm sie in seine. 
        Lea ließ sich neben dem Mann auf der Sessellehne nieder und sah 
        ihn an. Plötzlich entzog sie ihm ihre Hand und legte beide Arme um 
        ihn. Ihr Kopf sank auf seine Schulter. Erstaunt registrierte Duncan diese 
        Tatsache. Was ihm aber unverständlich war. Methos drehte sich der 
        Frau zu und zog auch sie in seine Arme. Duncan vermutete, daß Damals 
        noch einiges mehr vorgefallen sein mußte, als das, was Lea und Methos 
        erzählt hatten. Wie konnte Lea Methos verzeihen, nach allem, was 
        er ihr angetan hatte?
 Interessiert beobachtete Duncan die beiden. In ihrer gemeinsamen Vergangenheit 
        versunken und fest umschlungen saßen sie da. Der Highlander runzelte 
        die Stirn. Er verstand Lea nicht. Gut, Methos hatte ihr mehrere Male das 
        Leben gerettet, aber Duncan war der Meinung, das war das Mindeste was 
        er für sie hatte tun können. Es wog aber garantiert nicht die 
        Taten auf, die ihr durch Methos und Kronos und die anderen angetan worden 
        waren. Duncan gähnte. Erst jetzt merkte er, daß es spät 
        geworden war und stand auf.
 "Entschuldigt mich bitte, aber ich bin müde."
 Lea blickte auf ohne die Umarmung mit Methos zu unterbrechen. Sie nickte 
        Duncan zu. Ihr Blick forderte ihn auf zu gehen und er hatte plötzlich 
        das Gefühl zu stören. Ein unangenehmes Gefühl. Nach einem 
        kurzen Abschied von Joe fuhr er sehr nachdenklich nach Hause.
 Joe hatte das Gespräch der Drei natürlich mitbekommen und lächelte 
        leicht. Im Gegensatz zu Duncan verstand Joe.
 Lea löste sich langsam von Methos und riß ihn aus seinen Gedanken. 
        Die Frau griff in ihre Handtasche und holte einen kleinen Stoffbeutel 
        heraus. Sie öffnete ihn und ein kleines Amulett fiel in ihre Hand. 
        Methos hob erstaunt die Augenbrauen und sah sie fragend an. Lea lächelte 
        und gab es ihm.
 "Erinnerst Du Dich daran, Methos?"
 "Ja, ich erinnere mich. Ich gab es Dir in der Nacht als ich Dich 
        fortschickte. Ich sagte Dir, Du solltest Dich durch dieses Amulett immer 
        daran erinnern, wer Dein Leben gerettet hat. Ganz schön arrogant 
        von mir, was?"
 "Ja, Methos, ganz schön arrogant. Dieses Amulett erzählt 
        aber noch eine andere Geschichte. Es hat mir einmal mein Leben gerettet."
 "Das Amulett hat Dein Leben gerettet. Hä?"
 "Ja, und das ist noch gar nicht so lange her. Zehn Jahre um genau 
        zu sein. Bis zu diesem Tag habe ich es nämlich getragen."
 "Du hast es getragen? Warum?"
 "Zunächst trug ich es, um mich daran zu erinnern, was ich alles 
        durchgemacht habe und um niemals zu vergessen mich eines Tages an Euch 
        zu rächen. Allerdings währten die Gedanken der Rache nur ungefähr 
        200 Jahre. Ich fand jemanden, der mich in der Schwertkampfkunst unterrichtete. 
        Doch das war nicht alles. Mein Meister ist ein weiser Mann gewesen. Übrigens 
        ein Sterblicher. Er lehrte mich, daß Rache nicht der richtige Weg 
        ist. Sie verschleiert den Blick für das Wesentliche und man begeht 
        unter Umständen fatale Fehler. Es dauerte lange bis ich das verstanden 
        hatte. Danach trug ich es, weil es mich daran erinnern sollte, daß 
        ich schlimme Erlebnisse durchgemacht habe, aber gelernt hatte zu verzeihen. 
        Leider muß ich zugeben, daß ich es lediglich geschafft habe 
        Dir zu verzeihen. In meinem Herzen war nur für Vergebung für 
        einen Platz. Und das bist eben Du gewesen. Und irgendwann trug ich das 
        Amulett nur noch als Schmuckstück. Die Vergangenheit verblaßte. 
        2000 Jahre sind eine lange Zeit. Andere Dinge werden wichtig. Menschen 
        kommen und gehen. Und in 2000 Jahren verändert man sich doch mehrmals, 
        nicht wahr?"
 Lea grinste. Wieder erinnerte sie sich an Methos panische Flucht vor ihr. 
        Er schien sich sehr verändert zu haben. Und......er gefiel ihr sehr 
        gut. Aber es war etwas Trauriges an ihm. Er schien keine Energie mehr 
        zu haben. Was war passiert? Doch sie fragte vorerst nicht. Es war spät 
        und auch sie spürte die Müdigkeit.
 "Wollen wir uns morgen zum Lunch treffen, Methos? Bevor ich abreise 
        habe ich hier noch einige Dinge zu erledigen, und die restliche Freizeit, 
        die mir bleibt würde ich ganz gerne mit Dir verbringen. Sagen wir 
        um 12.00 Uhr bei mir im Hotel? Oder....hast Du.....eine.....Freundin, 
        äh, die etwas dagegen haben könnte?"
 Der alte Mann schüttelte den Kopf. Traurigkeit legte sich über 
        seine Augen. Lea registrierte das, fand aber den Zeitpunkt nach dem Grund 
        zu fragen unpassend.
 "Wie lange bleibst Du?" fragte Methos.
 "Eine Woche, vielleicht zwei. Dann werde ich nach Australien zurückkehren. 
        Auf meine Farm."
 "Australien? Farm?"
 Lea ging auf seine Fragen nicht ein und erhob sich.
 "Morgen mittag o.k.? In welchem Teil von Paris bin ich hier eigentlich, 
        zum Teufel? Ich brauche ein Taxi."
 Hilfesuchend sah sie Methos an. Der erhob sich. Auch ihm sah man die Müdigkeit 
        jetzt an. Er ging zu Joe und telefonierte nach einem Taxi. Während 
        er es bestellte kam Joe zu Lea. Er stellte sich vor und verabschiedete 
        sich dann auch sofort wieder von ihr. Methos und Lea kamen aus dem Haus. 
        Joe winkte ihnen zum Abschied und Lea kniff erstaunt die Augen zusammen. 
        Sie hatte das Zeichen auf dem Handgelenk des Mannes erkannt.
 "Wie unvorsichtig von Dir, Joe Dawson." dachte sie nur und stieg 
        ein.
 Nachdenklich ging Joe wieder zurück. Irgendetwas gefiel ihm an dieser 
        Frau nicht. Sie war so glatt. Joe hatte ein ungutes Gefühl im Magen. 
        War Methos vielleicht doch in Gefahr? Er wollte mehr über die Frau 
        erfahren und begab sich seufzend an seinen Laptop. Das würde eine 
        lange Nacht werden.
 Lea hatte sich vor dem Ritz von Methos verabschiedet und saß nun 
        in ihrem hocheleganten Nachthemd auf dem aufgeschlagenen Bett. So cool, 
        wie sie sich bei Duncan und Methos gegeben hatte war sie nicht gewesen. 
        Methos Anblick hatte Erinnerungen wachgerufen, die sie als längst 
        vergangen abgestempelt hatte. Was hatte sie zu Methos gesagt? 2000 Jahre 
        sind eine lange Zeit in der man sich mehr als einmal ändert! Oder 
        so ähnlich. Mit gesenktem Kopf saß sie still vor sich hin. 
        Dann zuckte sie plötzlich hoch. Ihr Blick war kalt und haßerfüllt 
        und gleichzeitig unendlich traurig. Lächelnd sah sie dann ihr Schwert 
        neben sich auf dem Bett an. Oh ja, sie hatte etwas zu erledigen und sie 
        hatte vor es auch zu Ende zu führen. Methos war das Beste, was ihr 
        passieren konnte. Mit einem kalten Lächeln legte sie sich hin. Morgen 
        würde sie ihrem Ziel wieder etwas näher kommen. Lea versuchte 
        einzuschlafen, fand aber erst im Morgengrauen die nötige Ruhe.
 Gegen frühen Mittag stand sie wie gerädert auf, machte sich 
        nach einer kalten Dusche sorgfältig zurecht und wartete dann in der 
        Halle auf Methos. Und dieser kam. Auch Methos hatte fast die ganze Nacht 
        kein Auge zugemacht. Er mißtraute Lea. Wenn er nur herausfinden 
        konnte, was sie vorhatte. Methos war nicht umsonst 5000 Jahre alt geworden. 
        Und eine Grundregel von Methos war, laß Freunde niemals zu nah kommen, 
        aber sei Deinen Feinden so nah wie möglich. Und er hatte vor genau 
        das in die Tat umzusetzen.
 "Hallo Lea! Gut geschlafen?"
 "Methos! Danke sehr gut und selber?"
 "Prima! Was wollen wir machen? Ich habe eigentlich keinen Hunger. 
        Wie wäre es mit einer Fahrt auf der Seine?"
 Die Frau zuckte zustimmend mit den Schultern und die beiden machten sich 
        auf den Weg. Sie sprachen über alte Zeiten, Persönlichkeiten, 
        die sie kennengelernt hatten, neue Technologien und einige weitere Themen. 
        Schneller als gedacht kamen sie bei den Booten an. Es war wieder ein wunderschöner 
        Tag und so setzten sie sich auf das Aussichtsdeck.
 "Sag mal Lea! Mir ist gestern aufgefallen, daß in dem Amulett, 
        welches ich Dir gab, ein Loch war. Und Du sagtest, es hätte Dir das 
        Leben gerettet. Erzählst Du mir wie?"
 
 
 
 SYDNEY, AUSTRALIEN 1988
 
 Aufgeregt sprang Lea aus ihrem Sessel empor und fiel Jeffrey Thinnermann 
        um den Hals. Tränen der Freude liefen ihr die Wangen herunter. Endlich 
        hatte der gutaussehende junge Farmer sie gefragt, ob sie ihn heiraten 
        wollte. Und Lea hatte "Ja" gesagt. Schon lange galten die schöne, 
        eigenwillige Farmerin und der gutaussehende, hochgeschossene Nachbar als 
        Paar und alle Freunde hatten dieses Ereignis lange erwartet.
 "Ja, Jeff, ja. Ich will Deine Frau werden." rief Lea glücklich 
        und schmiegte sich in die starken Arme. Jahrelang hatte sie gehofft, das 
        er sie das fragen würde. Lea wußte, früher oder später 
        würde sie ihm ihr Geheimnis preisgeben müssen. Aber sie liebte 
        diesen Mann von ganzem Herzen und wußte, er würde sie so akzeptieren 
        wie sie war. Mit ihrer Unsterblichkeit. Lea schwebte im siebten Himmel. 
        Jeffrey hatte sich schon bei ihrer ersten Begegnung vor vier Jahren unsterblich 
        in dieses wunderschöne Wesen, daß alleine im Outback von der 
        Rinderzucht lebte, verliebt. Im Laufe der Jahre verschweißten sie 
        im täglichen Überlebenskampf in diesem ungastlichen Landstrich 
        miteinander. Sie hatten Seite an Seite gegen Buschfeuer, Dürrekatastrophen, 
        Gerichtsvollzieher, Rinderseuchen und viele andere Gefahren gekämpft. 
        Niemals hatte er das äußerlich zerbrechlich wirkende Wesen 
        murren oder hadern gehört. Lea liebte dieses Land, die Weite und 
        die Freiheit. Sie hing mit aller Liebe an der Bewirtschaftung ihrer Farm. 
        Genauso wie er. Sie teilten jahrelang Freud und Leid miteinander. Jeff 
        wollte ohne diese Frau nicht mehr sein. Würde sie fortgehen, dann 
        würde ein Teil von ihm sterben.
 Jeffrey hatte nicht viel Geld zur Verfügung, aber er brachte den 
        Betrag für eine Woche Hochzeitsreise in Sydney auf. Mehr war nicht 
        drin. Weder vom Geld noch von der Zeit. Die beiden Farmen mußten 
        bewirtschaftet werden. Lea und er hatten zwar Arbeiter, aber sie fühlten 
        sich besser, wenn sie auf dem heimischen Gut anwesend waren.
 Aber nun waren sie seit zwei Tagen in Sydney und genossen das ungewohnte 
        Leben in vollen Zügen. Es war eine wunderschöne, sternklare 
        und sehr warme Nacht im September, als Lea und Jeff das Restaurant verließen, 
        in dem sie an diesem Abend gespeist hatten. Beide waren bester Laune und 
        freuten sich auf eine wundervolle, erfüllte Nacht.
 Verliebt und in ihr Gespräch versunken gingen sie die dunkle Straße 
        entlang. Noch niemals in ihrem Leben hatte Lea so eine Liebe für 
        einen Menschen gefühlt. Plötzlich straffte sich ihr ganzer Körper 
        und sie sah sich um. Ein Gefühl, daß sie schon sehr lange nicht 
        mehr gehabt hatte erfaßte sie. Ein Unsterblicher war in ihrer Nähe.
 Schnell versuchte Lea Jeffrey zum Hotel zu dirigieren, aber dort kamen 
        sie vorerst nicht an. Ein Mann trat aus einer dunklen Seitenstraße. 
        Lea sah auf den ersten Blick, daß es sich um einen Drogenabhängigen 
        handelte.
 "Was wollen Sie von uns?" rief sie beherrscht. "Wenn Sie 
        Geld wollen, hier haben Sie es. Gehen Sie und lassen Sie uns in Ruhe."
 Mit diesen Worten warf sie dem Mann ihr Portemonnaie vor die Füße. 
        Aber dieser lachte nur häßlich und ging einen Schritt zur Seite. 
        Leas Blick fiel auf eine zweite Person. Eine Frau, die sie hämisch 
        angrinste. Die Frau hatte lange blonde Haare und bei dieser Dunkelheit 
        eine Sonnenbrille auf. Verzweifelt versuchte Lea zu ergründen, wer 
        die Frau war. Unsterblich, das war ihr klar. Aber wer war sie? Irgendwie 
        kam sie Lea bekannt vor.
 "Wer sind Sie?" rief Lea die Frau an und zu Jeff gewandt: "Verschwinde 
        hier, Jeff. Schnell. Ich komme dann nach."
 "Bist Du wahnsinnig? Ich lasse Dich doch nicht alleine!"
 Lea hatte plötzlich ihr Schwert in der Hand und Jeff sah sie fassungslos 
        an.
 "Ich sagte verschwinde hier. Ich erkläre Dir nachher alles. 
        Los, renn!
 Und während sie das Wort "renn" noch aussprach parierte 
        sie den ersten Schlag der ihr so unglaublich bekannt vorkommenden Fremden.
 "Was willst Du von mir?" fragte sie kalt.
 "Na was wohl. Deinen Kopf natürlich." erhielt sie die pelzig 
        Antwort.
 Der Kampf begann. Die beiden Frauen belauerten sich, griffen an und parierten.
 Bis Lea einen gezielten Stoß ausführte und der anderen das 
        Herz durchbohrte. Die Frau fiel um. Lea erhob ihr Schwert, als plötzlich 
        Sirenen ertönten und sich schnell näherten. Die Siegerin mußte 
        machen, daß sie wegkam und floh, ohne die Unbekannte genau identifiziert 
        zu haben oder ihren Kopf genommen zu haben. Während sie rannte drehte 
        sie sich noch einmal um und sah, wie die Fremde sich erhob und hinter 
        ihr herlief.
 "Verdammt!" dachte Lea und lief schneller. Sie bog in die nächste 
        Straße ein und prallte mit Jeff zusammen, der zurück auf dem 
        Weg zu ihr war.
 "Komm schnell weg hier, Jeff! Schnell!" schrie Lea und zog den 
        widerspenstigen Mann hinter sich her. Aber sie war nicht schnell genug.
 Die Widersacherin bog um die Ecke und zog zu Leas Entsetzen eine Schußwaffe. 
        Ohne Verzögerung löste sich der Schuß. Lea merkte, wie 
        Jeffs Beine nachgaben und er stürzte.
 "Jeff, Jeff!" rief sie entsetzt und kniete sich neben sie. Blind 
        vor Zorn blickte sie die andere Frau an.
 "WARUM? Er hat mit dieser Sache gar nichts zu tun! Er ist nicht unsterblich!"
 Die Fremde lachte böse und meinte:
 Das ist nur Vorsorge! Er wird mir diesmal nicht dazwischen funken."
 Damit erhob sie ihr Schwert und der Kampf begann erneut. Lea hatte nicht 
        mit der Hinterhältigkeit der anderen gerechnet. Diese zog die Waffe 
        und schoß aus kurzer Entfernung. Lea fühlte den Aufprall der 
        Kugel auf ihr Amulett. DAS AMULETT! Die Fremde erstarrte und sah, wie 
        Lea ihr Schwert hob.
 "Nein!" keuchte sie und gab Fernsengeld. Lea ließ sie 
        laufen und rannte zu Jeff hinüber. Atemlos und voller Angst beugte 
        sie sich über ihn. Sie sah es sofort. Jeffrey Thinnermann war tot.
 "NNEEEEIIIIIIIIINNNNN!" schrie Lea gepeinigt durch die Nacht. 
        "Verlaß mich nicht, bitte!"
 Aber all ihr Flehen brachte Jeffrey nicht zurück. Er war fort, für 
        immer. Lea fühlte nichts mehr. Sie bekam nicht mit, wie die Polizei 
        sie zur Untersuchung ins Krankenhaus brachte. Sie konnte keine Aussage 
        machen. Stunden später saß sie in ihrem Hotelzimmer und weinte 
        sich die Augen aus. Ihre Hand glitt über ihren Hals und sie spürte 
        die starke Kette von Methos‘ Amulett. Sie zog es aus dem Ausschnitt 
        hervor und betrachtete es. Die Kugel der Fremden steckte in ihm. Wieder 
        einmal hatte Methos Leas Leben gerettet. Das war das vierte Mal in ihrem 
        schon sehr lange andauernden Leben. Während sie das Amulett betrachtete 
        kamen die Erinnerungen an diese längst vergangene Zeit zurück. 
        Still vor sich hin weinend streckte sie sich auf dem Bett aus und ließ 
        ihren Gefühlen freien Lauf.
 Immer wieder zerbrach sie sich den Kopf, warum ihr die Fremde so bekannt 
        vorkam. Und dann plötzlich kam die Erkenntnis. Verzweiflung, Wut 
        und Haß, abgrundtief brennender Haß, machten sie in ihr breit. 
        Alles was ihr Meister sie über Selbstdisziplin und Verzeihen gelehrt 
        hatte war von einer Sekunde auf die andere vergessen. Lea war nur noch 
        von einem Gedanken besessen. Rache! Und dafür war sie bereit über 
        Leichen zu gehen.
 Lea erwachte aus ihren Erinnerungen. Methos sah sie an. Er verstand ihre 
        Gefühle nur zu gut. Es wußte zu genau, wie sie empfunden hatte, 
        als Jeffrey gegangen war. Bei ihrer Schilderung brachen bei ihm wieder 
        Wunden voll auf, die noch längst nicht verheilt waren. ALEXA schrie 
        es in ihm.
 Mit einem erstickten Laut zog er Lea in die Arme. Zwei verzweifelte Unsterbliche, 
        die Menschen auf tragische Weise verloren hatten, die sie über das 
        Maß aller Dinge heraus geliebt hatten.
 Lange saßen sie so auf dem Schiffsdeck und klammerten sich an einander.
 Was Methos jedoch nicht sah, da er Lea‘s Kopf an seine Brust gepreßt 
        hatte, war der Ausdruck in ihren Augen. Es war ein zufriedener Ausdruck. 
        Ein siegessicherer Ausdruck. Es war so einfach. Methos war voller Schuldgefühle 
        ihr gegenüber, es war so leicht ihn zu manipulieren.
 Währenddessen hatte Joe Duncan angerufen und ihn gebeten zu kommen. 
        Duncan registrierte als er eintrat, daß Joe sehr müde aussah. 
        Was kein Wunder war. Die ganze Nacht hatte Joe Nachforschungen über 
        Lea angestellt und was er herausgefunden hatte beunruhigte ihn auf das 
        Äußerste.
 "Hi Joe. Was gibt es denn. Du hast am Telefon so ernst geklungen."
 "Ich habe die ganze Nacht Informationen über diese Lea gesammelt 
        und was ich heraus gefunden habe, das gefällt mir überhaupt 
        nicht."
 Duncan hatte ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Er selbst hatte 
        lange über seine Begegnung mit der Frau und die Geschichten nachgedacht 
        und war zu dem Entschluß gelangt, daß mit ihr irgend etwas 
        nicht stimmte. Und nun wurde seine Ahnung von Joe auch noch bestätigt.
 "Was hast Du herausgefunden?"
 "Schau her! Aufzeichnungen über sie gibt es erst die letzten 
        fünf Jahre, aber die haben es in sich. Sie wird in Australien gesucht. 
        Wegen kleineren Betrügerein. Nichts Aufregendens. Aber die Informationen 
        aus dem australischen Watcher-Hauptquartier sind hoch interessant. In 
        unserer Datenbank ist registriert, daß in Australien in den letzten 
        fünf Jahren eine Menge Unsterbliche einen Kopf kürzer gemacht 
        wurden. Vor allem aber weibliche Unsterbliche. Vorzugsweise mit blondem 
        Haar. Leas Beobachter ist ein guter Freund von mir und hat einige Informationen 
        rübergeschickt. Lea geht bei ihren Kämpfen mit äußerster 
        Präzision und gleichzeitiger Brutalität vor. Sie ist eine Meisterin 
        im Schwertkampf. Kronos hätte seine wahre Freude an ihr gehabt. Lea 
        ist gleichzeitig sehr hinterhältig und hat keine Probleme einen Gegner 
        vorher zu erschießen und dann den Kopf zu nehmen.
 "Sie ist sehr gefährlich, nicht wahr? Weiß Dein Freund, 
        was sie hier in Paris will?"
 "Nein. Er schreibt, plötzlich wäre sie aus Australien verschwunden. 
        Er hat ihre Spur verloren und erst jetzt in Paris wiedergefunden. Er warnte 
        mich, ihr nicht zu nahe zu kommen, da sie grundsätzlich einen teuflischen 
        Plan verfolgt und Sterbliche wie Unsterbliche gleichermaßen tötet, 
        die sich ihr in den Weg stellen. Was sie aber am gefährlichsten macht, 
        das ist ihre Planmäßigkeit. Sie überläßt nichts 
        dem Zufall. Sie ist ein Genie im Planen. Wo ist Methos, Duncan? Ich denke, 
        er ist in tödlicher Gefahr."
 Duncan hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Duncan kombinierte 
        schnell. Methos. Er fühlte sich Leas wegen schuldig und das war eine 
        Angriffsfläche. Auch Methos galt als brillanter Stratege. Wenn Lea 
        es schaffte Methos auf ihre Seite zu ziehen, den Horsemen unbewußt 
        in ihm wieder zu wecken, dann waren die beiden gefährlicher als die 
        Four Horsemen zusammen.
 "Ich muß Methos suchen, Joe. Und vielleicht sollten wir auch 
        Cassandra einbeziehen. Sie kennt ihre Schwester und kann uns vielleicht 
        irgendeinen Tip geben."
 "Cassandra wird einen Teufel tun. Im Gegenteil. Solltest Du ihr erzählen, 
        daß Lea womöglich hinter Methos her ist, dann würde sie 
        Beifall klatschen und ihrer Schwester alles Gute wünschen. Nein Duncan, 
        von Cassandra dürfte keine Hilfe zu erwarten sein. Wenn Du Methos 
        helfen willst, dann bist Du auf Dich alleine gestellt. Aber, laß 
        Dich auf keinen Kampf mit ihr ein. Sie ist stärker als Du. Versuche 
        über Methos herauszufinden, was sie vor hat."
 Duncan nickte und zog sein Handy aus der Tasche. Kurze Zeit später 
        hatte er Methos in der Leitung und bat ihn um ein Treffen in der alten 
        kleinen Kirche. Alleine. Methos sagte zu.
 Cassandra saß auf ihrer Couch. Die ganze Nacht hatte sie nachgedacht. 
        LEA. Ihre Schwester lebte also noch und jetzt war sie hier in Paris. Eigentlich 
        hätte sie sich darüber freuen sollen. Aber das Gefühl stellte 
        sich nicht ein. Noch einmal versuchte sie sich über Ihre Gefühle 
        zu Lea klar zu werden. Aber da war nichts. Es war so lange her. Die Frau 
        mochte ihre Schwester sein, aber für Cassandra war sie eine Fremde.
 Plötzlich ruckte ihr Kopf in die Höhe. Das vertraute Gefühl 
        durchfuhr sie. Gespannt sah sie zur Wohnzimmertür. In dieser stand......Lea 
        und lächelte kalt. Cassandra‘s Hand fuhr zu ihrem Schwert, 
        aber Lea unterbrach sie:
 "Aber, aber Cassandra. Du wirst doch wohl nicht das Schwert gegen 
        Deine eigene Schwester erheben. Solltest Du das wirklich vorhaben, dann 
        mußt Du auch die Konsequenzen tragen. Na, Schwesterchen. Wie ich 
        sehe, hat es noch keiner geschafft Dir den Kopf von den Schultern zu schlagen."
 "Was willst Du hier, Lea?"
 Kalt sah die Ältere Cassandra an. Diese fröstelte. Dieser Blick. 
        Er war so voller Haß.
 "Was soll ich schon wollen, Cassandra. Dich natürlich. Oder 
        siehst Du hier noch jemand anderen?"
 Bevor Cassandra reagieren konnte hatte Lea eine Waffe gezogen und schoß 
        auf die fassungslose Schwester. Sie sackte tot zusammen. Nun ging alles 
        sehr schnell. Lea rollte Cassandra in einen Teppich ein und trug sie zu 
        ihrem Mietwagen. Cassandras Schwert nahm sie an sich. Ein kaltes Lächeln 
        lag auf ihrem Gesicht als sie den Wagen startete und losfuhr.
 Methos war auf dem Weg zu seinem Treffen mit Duncan, als plötzlich 
        ein Wagen neben ihm hielt. Ahnungslos beugte er sich zum Fenster herunter. 
        Lea lächelte ihn freundlich an und fragte ihn, ob sie ihn mitnehmen 
        könne. Methos nickte und stieg ein. Lea zog die Pistole und erschoß 
        auch Methos. Seine Hände fesselte sie mit Handschellen. Dann brauste 
        sie mit Hochgeschwindigkeit davon. Der erste Teil ihres Planes war ausgeführt 
        und gelungen. Es war so einfach.
 Duncan wartete fast eine Stunde vergebens auf Methos.
 "Verdammt Methos!" dachte er zuerst sauer, doch bald schon machte 
        er sich Sorgen um den alten Mann. Es war eigentlich nicht seine Art nicht 
        auf geweihtem Boden aufzutauchen. Eine böse Vorahnung beschlich Duncan. 
        Er lief zu seinem Wagen und fuhr zu Cassandra. Vielleicht konnte sie ihm 
        doch etwas über ihre Schwester sagen.
 Als Duncan Cassandras Haus nach einigem Klopfen eigenmächtig betrat 
        fand er sich alleine wieder. In der Eingangshalle standen unberührt 
        die Koffer für Amerika, aber von Cassandra war weit und breit nichts 
        zu sehen oder hören. Aufmerksam sah er sich um. Irgend etwas war 
        falsch am Gesamtbild. Es dauerte einige Minuten bis er darauf kam. Der 
        kleine Teppich fehlte. Duncan konnte sich nicht vorstellen, daß 
        Cassandra ihn für Amerika eingepackt hatte. Hier war etwas vorgefallen 
        und Duncan verstand plötzlich glasklar. Lea war nicht oder nicht 
        nur hinter Methos her, sie war hinter ihrer Schwester hergewesen. Methos 
        war ein Mittel zum Zweck. Eine Marionette in einem hinterhältigen 
        Plan.
 Duncan wurde vor Angst um die beiden ganz schlecht.Eilig rief er Joe an.
 "Joe, hier ist Duncan. Lea hat Methos und Cassandra und ich weiß 
        nicht, wie ich ihnen helfen kann. Ich weiß nicht wo sie die beiden 
        hingebracht hat. Kannst Du mal Deine Datenbank nach irgendwelchen Besitztümern 
        von Lea hier in der näheren Umgebung checken?"
 "Klar mach ich! Du kannst im Moment nicht viel tun. Komm vorbei. 
        Wir können nur hoffen, daß wir etwas finden und wenn wir etwas 
        finden, daß wir nicht zu spät kommen."
 "Ich mache mich jetzt auf den Weg zu Dir. Und Joe, beeile Dich bitte! 
        Ich denke, wir haben nicht viel Zeit."
 "Ich weiß!"
 Duncan beendete das Gespräch und setzte sich in seinen Wagen. Angsterfüllt 
        fuhr er los. Während der Fahrt kamen die Erinnerungen an gemeinsame 
        Zeiten und Situationen mit Methos und Cassandra. Angenehme und unangenehme. 
        Aber das war jetzt nicht mehr wichtig. Wichtig war Methos‘ und Cassandras 
        Leben zu retten.
 Lea war aus Paris herausgefahren und hatte an einem kleinen Chalêt 
        angehalten. Unter größter Anstrengung hatte sie die beiden 
        erwachsenen, immer noch bewußtlosen, Unsterblichen in das Kellerverlies 
        des Schlößchens geschleppt. Methos hatte sie an eine Vorrichtung 
        an der Wand gekettet. Seine Arme und Beine waren mit Eisenklammern umspannt. 
        Cassandra saß angekettet auf einem besonders lieblichen alten Folterinstrument. 
        Damals nannte man es die Eiserne Jungfrau. Ein Stuhl auf dem die Opfer 
        festgebunden wurden. Um den Hals wurde ein Metallreifen gelegt, der hinten 
        nach belieben zusammengezogen werden konnte, mit Schraubkraft. Wahrlich 
        keine gute Ausgangsposition für Cassandra.
 Lea wartete bis die beiden erwachten. Irritiert sahen die Gefesselten 
        Lea an.
 Tausend Fragen schwirrten ihnen durch die Köpfe. Cassandra begann 
        zu fluchen.
 "Was soll das, Lea? schrie sie hysterisch. "Laß mich sofort 
        frei, Du Luder. Du Hexe. Was willst Du von mir?"
 Methos blieb ruhig. Er wußte genau, daß hysterisches Gekreische 
        und Fluchen gar nichts brachten. Aber, er hatte Angst. Er spürte, 
        daß Lea alles andere als wahnsinnig war. Im Gegenteil. Sie hatte 
        alles kalt geplant. Auch ihr Erscheinen im Park. Aber, was wollte sie 
        von ihnen? Methos wartete äußerlich ruhig ab, während 
        Cassandra immer wilder und hysterischer wurde.
 "Es reicht, Cassandra! Mach den Mund zu, oder ich stopfe ihn Dir!" 
        zischte Lea kalt.
 Aber Cassandra war in Fahrt. Mit einem genervten Schulterzucken bediente 
        Lea die Eiserne Jungfrau so lange, bis Cassandras Geschrei verstummte 
        und sie ihre Energie zum Luftholen brauchte. Methos‘ Ohren waren 
        dankbar für die Ruhe. Vielleicht würde er jetzt erfahren, was 
        Lea von ihm und Cassandra wollte.
 "Was willst Du, Lea?"
 Die Frau wirbelte herum und sah ihn freundlich an.
 "Von Dir? Eigentlich wollte ich von Dir gar nichts, Methos. Es war 
        reiner Zufall, daß Du mir über den Weg gelaufen bist. Hinter 
        ihr war ich die letzten zehn Jahre her."
 Lea zischte diesen Satz voller kalter Wut heraus und zeigte anklagend 
        auf Cassandra. Deren Augen sahen sie erstaunt und verständnislos 
        an. Aber, sie war so sehr damit beschäftigt Luft zu holen, daß 
        sie zu keiner Frage fähig war. Lea drehte sich wieder zu Methos um.
 "Wenn Du nichts von mir willst, warum bin ich dann hier? Du hast 
        mich die ganz Zeit angelogen, nicht wahr? Das ganze Gequatsche über 
        Verzeihung und Änderung waren reine Erfindung von Dir, oder?"
 "Nein, Methos. Im Grunde habe ich Dir verziehen. Naja, vielleicht 
        nicht ganz. Aber eigentlich liegt mir nichts an Deinem Kopf. Du bist Vergangenheit. 
        Du bist ........ Nichts für mich."
 Methos taten diese Worte aus einem für ihn unerklärlichen Grund 
        sehr weh.
 "Warum läßt Du mich dann nicht frei?"
 "Ich möchte nicht, daß Du mir in irgendeiner Weise dazwischen 
        funkst. Als ich Dich und Cassandra kämpfen sah, da.......irgendwie 
        wollte ich nicht, daß Cassandra Dich tötet. Ich sagte Dir ja, 
        es machte sich in mir das Gefühl breit, ich würde Dir etwas 
        schulden. Methos, das war nicht gelogen. Aber, als Du uns erzähltest, 
        Du warst bei Cassandra, um mit ihr zu reden, da wußte ich, daß 
        Du mir Schwierigkeiten machen würdest. Also stellte ich meinen Plan 
        um und bezog Dich mit ein. So einfach ist das. Du warst ein Mittel zum 
        Zweck."
 Methos glaubte Lea nicht. Es war etwas in ihren Augen, daß sie Lügen 
        strafte.
 Und das sagte er ihr auch. Lea erstarrte und fuhr ihn dann an:
 Ich habe Dich damals geliebt, Methos. Du warst im Rahmen der damaligen 
        Zeit gut zu mir. Du hast mir mehrmals das Leben gerettet. Ist es das, 
        was Du hören willst. Ja, ich gebe zu, als ich Dich wieder sah, da 
        kam dieses Gefühl zurück. Es war mir unerklärlich, aber 
        ich empfand etwas für Dich. Doch davon durfte ich mich nicht aufhalten 
        lassen. Du warst unwichtig. Es ging von Anfang an nur um Cassandra. Methos 
        verstand nicht.
 "Warum? Ich verstehe nicht, warum Du hinter Deiner Schwester her 
        bist?"
 Lea drehte sich um und ging zu Cassandra hinüber. Sie lockerte die 
        Schraube, so daß Cassandra wieder normal atmen und auch sprechen 
        konnte.
 "Frag Cassandra doch selber! Warum bin ich hinter Dir her, Cassandra? 
        Erzähl es ihm!"
 "Ich weiß nicht, was Du von mir willst, Lea. Ich weiß 
        nicht, warum Du es auf mich abgesehen hast. Ehrlich!"
 Cassandras Wut war verrauscht, sie hatte Angst. Lea war schon als sie 
        noch Kinder gewesen waren die Unberechenbarere von beiden gewesen.
 "Oh, Du weißt es nicht?" Leas Stimme triefte vor Hohn. 
        Dann wurde ihre Stimme hart und kalt.
 "Ich bin hinter Dir her, um endlich meine Rache zu bekommen? Na, 
        Cassandra? Wie fühlt man sich, wenn jemand hinter einem her ist, 
        der Deinen Kopf aus Rache haben will?"
 Cassandra sah Lea verständnislos an. Diese blickte erstaunt zurück.
 "Du weißt wirklich nicht, was ich von Dir will! Wie schade 
        für Dich Cassandra. Du solltest Dir demnächst vorher überlegen, 
        wen Du tötest und wen Du leben läßt."
 Methos hatte plötzlich eine dunkle Ahnung und stöhnte auf.
 "Ich denke Sie spricht von 1988. Sydney in Australien. Es geht um 
        Jeff, nicht wahr? Cassandra war Deine Gegnerin. Oder täusche ich 
        mich?"
 Cassandra wurde blaß. Australien! Dunkel erinnerte sie sich an einen 
        nicht ausgefochtenen Kampf mit einer Unsterblichen. Sie hatte damals den 
        sterblichen Begleiter der Frau erschossen.
 "Warum hast Du ihn erschossen, Cassandra. Er hat mit unseren Kämpfen 
        nichts zu tun. Er wußte nicht einmal was ich bin."
 Du...Du bist das gewesen? Es war so dunkel...ich.....nun, ich...." 
        stotterte Cassandra. Innerlich war sie entsetzt. Sie hatte mit ihrer eigenen 
        Schwester gekämpft und hatte es nicht bemerkt.
 "Warum, Cass? Warum?"
 "Ich...ich, wollte ihn nur daran hindern mir noch einmal dazwischen 
        zu funken. Ich hatte gesehen, wie meine Widersacherin, also Du, ihn wegschickte. 
        Dann unterlag ich auch noch und kurze Zeit später hörte ich 
        Polizeisirenen. Ich war so sauer. Ich wollte den Kampf unbedingt beenden. 
        Ich sah Dich wegrennen und bin Dir gefolgt. Als ich um die Ecke bog, war 
        dieser Mann wieder da und mir war klar, nur er hatte die Polizei rufen 
        können. Ich wollte nicht noch einmal durch ihn gestört werden, 
        darum schoß ich auf ihn. Aber bitte glaube mir, ich wollte ihn nur 
        außer Gefecht setzen, nicht töten. Wirklich."
 "Du hast ihn aber umgebracht. Du hast mir in diesem Moment alles 
        genommen, was ich geliebt habe. Alle Werte, die mir wichtig waren zerstört. 
        Wir waren erst drei Tage verheiratet. Ich habe längere Zeit gebraucht 
        herauszufinden, warum Du mir so vertraut warst. Als mir klar wurde, wer 
        meine Widersacherin war, da lauschte ich tief in mich hinein. Ich suchte 
        ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Ein Gefühl der Schwesternliebe. 
        Ich fand es nicht. Meine eigene Schwester war für mich eine Fremde. 
        Aber das erschreckte mich nicht. Immerhin hatten wir uns 2000 Jahre nicht 
        gesehen. Was mich viel mehr erschreckte, das war der Haß, den ich 
        für Dich empfand. Ich forschte jahrelang nach Dir. Erkundigte mich 
        über Dein Umfeld und...ich räumte Barrikaden aus dem Weg. Menschliche. 
        Unsterbliche. Ich war nur noch von einem Gedanken beseelt, ich mußte 
        Dich töten, um meinen Seelenfrieden wieder zu finden. Ich habe bei 
        Jeffs Tod geschworen, daß ich seine Mörderin bestrafen werden. 
        Und heute wird es soweit sein."
 Cassandra zog verzweifelt die Luft ein. Das sie einmal durch die Hand 
        ihrer eigenen Schwester sterben sollte, das war zuviel für sie.
 "Bitte Lea," flüsterte flehend, "bitte tue das nicht. 
        Es tut mir wahnsinnig leid. Wenn ich könnte, dann würde ich 
        es ungeschehen machen. Aber das kann ich nicht. Ich kann Dich nur bitten."
 "Oh, Du bittest mich? Was bildest Du Dir eigentlich ein. Mein Haß 
        auf Dich wurde erst durch diese Tat unermeßlich groß. Ich 
        habe Dich vorher schon gehaßt."
 Erstaunt sah Cassandra Lea an.
 "Warum?"
 "Du hast mich damals bei Kronos allein gelassen. Du bist geflohen 
        und hast mich zurück gelassen. Ich hatte die Hölle auf Erden."
 "Mach mich nicht dafür verantwortlich, Lea. Du hast den letzten 
        Lebenden der Vier hier. Räche Dich an ihm. Er ist einer der Verantwortlichen 
        für unser damaliges Leiden. Wie hätte ich Dir helfen können? 
        Wie hätte ich mich gegen die vier Männer auflehnen sollen. Nein, 
        Lea, das kannst Du mir nicht vorwerfen. Ich hätte keine Chance gehabt. 
        Es tut mir sehr leid, daß ich Dich damals einfach Deinem Schicksal 
        überlassen habe, aber ich hatte keine andere Wahl."
 Lea begann lauthals zu lachen.
 "Cassandra, Du solltest Dich mal hören. Wenn ich das alles so 
        richtig verstanden habe, dann verlangst Du von mir Verständnis, daß 
        Du mir damals nicht geholfen hast. Aber gleichzeitig räumst Du Methos 
        dieses Recht nicht ein. Du bist wirklich wunderbar. Warum sollte ich mich 
        an Methos rächen?"
 "Immerhin ist er einer unserer Peiniger! Er hat zugelassen, daß 
        man uns das alles antat. Er hat auch zugelassen, daß Kronos mich 
        mitnahm. Ich hatte gedacht, er würde mich beschützen, aber er 
        erklärte Kronos, ich wäre keine Ausnahme. Ich wäre genauso 
        wie alle anderen Frauen. Nichts besonderes für ihn. Kronos solle 
        mich ruhig mitnehmen. Ich dachte er würde mich schützen. Aber 
        er tat es nicht. Selbst als ich nach ihm schrie, half er mir nicht. Ich 
        empfand etwas für ihn. Das gebe ich hiermit zu und ich dachte, auch 
        er würde etwas für mich empfinden, aber ich hatte mich getäuscht. 
        Ich war nichts anderes als ein Vergnügungsobjekt für ihn, wie 
        alle anderen Frauen auch." weinte Cassandra auf.
 Lea‘s Belustigung verschwand augenblicklich. Ihr Ausdruck war wieder 
        kalt und unnahbar.
 "Das mag sein, Cass! Ja, er ist einer unserer Peiniger gewesen. Aber 
        diesem Mann verdanke ich viermal mein Leben. Viermal, Cassandra. Davon 
        drei Mal allein in der Bronzezeit. Und nur seinem Amulett von damals habe 
        ich es zu verdanken, daß Dir mein Kopf nicht zu Teil wurde. Hast 
        Du eigentlich immer noch nicht begriffen, daß, wenn er sich mit 
        Kronos angelegt hätte, er keine Chance gehabt hätte. Kronos 
        hätte Caspian und Silas auf seiner Seite gewußt. Methos hätte 
        alleine dagestanden. Wie sollte er mit drei brutalen Barbaren fertig werden. 
        Ich will Dir mal was erzählen. Als Kronos mich leid war, da gab er 
        mich an Methos weiter und der behandelte mich den damaligen Umständen 
        entsprechend ganz gut. Heute würde ich ihm für so eine Behandlung 
        den Kopf abschlagen, aber damals konnte ich froh sein, daß Kronos 
        mich nicht zu Silas oder Caspian ins Zelt warf. Nein, Cassandra, Methos 
        konnte Dich damals genauso wenig vor Kronos beschützen, wie Du mir 
        zur Flucht hättest verhelfen können. Warum kannst Du das nicht 
        einsehen und ihm verzeihen? Es war eine andere Zeit!"
 Methos hatte dem Gespräch atemlos gelauscht. Wieder nahm Lea ihn 
        in Schutz. Doch wenn sie gar nichts von ihm wollte, warum hing er dann 
        hier an der Wand, wie ein bewegungsunfähiger Hampelmann auf halb 
        acht?
 "Lea?" rief er sie leise an. "Hättest Du vielleicht 
        die Güte mich freizulassen?
 "Halt das Maul, Methos. Ich bin hier noch nicht fertig! Und mit Dir 
        auch noch nicht so ganz!"
 Die Frau wandte sich wieder ihrer gefesselten Schwester zu. Diese war 
        erstarrt. Man sah richtig, daß sie nachdachte. Dann sah sie Methos 
        an. Lange. Dieser blickte zurück. Der Ausdruck in seinen Augen war 
        gespannt.
 "Methos!" begann Cassandra "Als Kronos mich letztens in 
        der U-Boot-Basis im Käfig gefangen hielt, da............! Ich möchte 
        Dir danken, daß Du mein Leben vor Silas gerettet hast."
 "Es war nicht das erste Mal, daß er Dein Leben rettete, Cassandra. 
        Er hat Dir damals schon einmal Dein Leben gerettet."
 "Hat er nicht."
 "Hat er doch! Wir sahen Dich aus Kronos‘ Zelt fliehen. Ich 
        war bei ihm. Es hätte ihm keine Mühe bereitet Dich wieder einzufangen. 
        Mach Dir das klar. Du hättest keine Chance gegen ihn gehabt. Er war 
        damals in Dich verliebt, Cassandra. Darum ließ er Dich laufen und 
        nur deshalb bist Du auch heute noch am leben. Denk darüber nach."
 Cassandra starrte Methos wieder an. Was sollte sie davon halten. Sie saß 
        hier eingeklemmt auf so einem total unbequemen Holzstuhl, ihre Schwester, 
        die sie 2000 Jahre nicht gesehen hatte, wollte sie töten und gleichzeitig 
        verlangte eben diese Schwester von ihr Methos zu vergeben. Das war ein 
        bißchen viel für Cassandra, deren Herz so lange voller Rache 
        war.
 "Du hast ihm verziehen, Lea? Hast Du ihm wirklich und aufrichtig 
        verziehen?"
 Lea sah den alten Mann durchdringend an, bevor sie antwortete. Methos 
        wurde ganz anders. Dann drehte sich die Frau wieder um.
 "Ja, Cassandra, ich habe ihm verziehen. Er hat sich verändert. 
        Sehr verändert. Es ist nicht mehr viel von dem Methos von damals 
        übrig." Sie trat nah an den Mann heran. "Schade eigentlich. 
        Wir wären ein tolles Pärchen!"
 Mit diesen Worten ließ sie Methos frei. Der fiel erst einmal zu 
        Boden, da seine Gelenke steif waren. Verständnislos sah er Lea an. 
        Diese lächelte ihn an, beugte sich zu ihm herunter und küßte 
        ihn. Dann ging sie zu Cassandra und öffnete auch ihre Fesseln. Einen 
        letzten Blick warf sie den beiden zu. Dann ging sie aus dem Raum. Ihr 
        Blick war tieftraurig. Der Haß war gegangen.
 Duncan hielt mit quietschenden Reifen vor dem Chalêt. Eiligst sprang 
        er heraus, nur um sofort inne zu halten. Lea kam ihm alleine entgegen. 
        Ungefähr fünf Meter entfernt blieb sie vor ihm stehen. Duncan 
        sah den traurigen Blick und mißverstand ihn. Wut loderte in ihm 
        auf. Er zog sein Schwert und ging auf die Frau los. Doch diese zog kein 
        Schwert und ging auf ihn zu. Es war Zeit.
 Duncan hatte zuviel Schwung. Und durchbohrte den zierlichen Körper. 
        Lea sackte tonlos zusammen. Duncan ließ das Schwert fallen. Das 
        hatte er noch niemals erlebt. Sie war geradewegs in sein Schwert gelaufen. 
        Er ließ die "Tote" liegen und lief in das Innere des Schlosses. 
        Er fand Methos und Cassandra in eine tiefe Diskussion verstrickt. Sie 
        bemerkten Duncan nicht. Dieser verließ die beiden sofort wieder.
 Draußen half er der erwachenden Lea auf die Beine. Er lächelte 
        sie an. Sie nickte ihm kurz zu und wollte gehen. Duncan hielt sie zurück.
 "Sie sind in eine Diskussion vertieft."
 "Das ist gut. Methos hat einen weisen Weg gewählt, Duncan. Manchmal 
        ist reden effektiver Fehler einzusehen, als der Kampf."
 "Warum?"
 "Du meinst, warum ich sie beide nicht getötet habe?"
 "Ja!"
 "Glaube mir, ich wollte Cassandra wirklich töten. Noch vor ein 
        paar Stunden hätte ich es ohne zu zögern getan. Doch, während 
        der Zeit dort unten sind mir zwei Dinge wieder klar geworden. Rache bringt 
        uns diejenigen, die wir verloren haben auch nicht wieder. Ich habe 10 
        Jahre verschenkt. Wir werden nur verbittert und verlieren den Blick für 
        wichtigere und wesentlichere Dinge. Rache tut uns selbst am meisten weh. 
        Sie quält uns bis aufs Blut und vergiftet unsere Seele. Cassandra 
        ist hierfür das beste Beispiel. Und auch wenn wir Rache ausführen, 
        gewonnen haben wir gar nichts."
 Duncan lächelte die Frau aufrichtig an und nickte.
 "Und das zweite?"
 "Ich liebe Cassandra noch immer. Ich weiß nicht, ob ich jemals 
        verzeihen kann, was sie getan hat, aber sie ist meine Schwester."
 "Was ist mit Methos?"
 "Methos? Was soll mit ihm sein?"
 "Ich dachte.....!"
 "Falsch gedacht, Duncan. Methos ist........Vergangenheit!
 Mit diesen Worten ging sie endgültig. Duncan starrte ihr lange hinterher. 
        Aber der Satz: Methos ist Vergangenheit, prägte sich für immer 
        in seinem Gedächtnis ein.
 Ende
 
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